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Konzept

1    Einleitung

2    Theoretisches Selbstverständnis Mobiler Jugendarbeit

2.1    Arbeitskodex der MJAB/R

3    Ziele

4    Zielgruppe

5    Methoden

5.1    Aufsuchen

5.2    Cliquen- und Projektarbeit

5.3    Gemeinwesen- und Vernetzungsarbeit

5.4    Öffentlichkeitsarbeit

6    Schlusswort

1    Einleitung

Die Mobile Jugendarbeit Basel und Riehen (MJAB/R) ist eine lebensweltorientierte, soziale Dienstleistung für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren. Das Pilotprojekt wurde vom Verein MJAB lanciert und im Unteren Kleinbasel von März 2000 bis Dezember 2002 umgesetzt. Eine Evaluation der Fachhochschule für Soziale Arbeit beider Basel (FHS-BB) 2003 bestätigte das Projekt als orts- und zeitgemässen Arbeitsansatz.

Das Angebot wurde in den letzten Jahren ausgebaut. An den drei Standorten Kleinbasel, Grossbasel und Riehen ist je ein Team operativ tätig. Die Einsatzgebiete definieren sich über verschiedene Routen, die mindestens im Wochenrhythmus, im Normalfall in Teams zu zweit aufgesucht werden.

Seit 2011 ist die MJAB/R auch in der Online-Jugendarbeit tätig.

2    Theoretisches Selbstverständnis Mobiler Jugendarbeit

Das Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene, für die der öffentliche und halböffentliche Raum (Strassen, Plätze, Parks, Schulhausplätze usw.) von zentraler Bedeutung ist. In der Regel werden diese jungen Menschen von anderen sozialen Dienstleistungen, wie z.B. Vereinsjugendarbeit, sozialarbeiterischen Angeboten oder Treffpunktarbeit (JuAr), nicht oder nur unzureichend erreicht. Die Mobilen Jugendarbeiter*innen suchen diese Jugendlichen direkt an ihren gewohnten Aufenthaltsorten auf und leisten lebensweltorientierte soziale und soziokulturelle Arbeit.

Gemeinsam mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen versuchen die Mobilen Jugendarbeiter*innen deren Lebenswelt zu gestalten und zeigen ihnen in verschiedenen Bereichen (Risiko-, Freizeit-, Sozialverhalten) Alternativen auf, welche ein Zurechtkommen und Mitgestalten im öffentlichen Raum ermöglichen. Der Arbeitsansatz beruht auf Partizipation, Prozessorientierung und Nachhaltigkeit. Die Entwicklung von tragfähigen Zukunftsperspektiven der Jugendlichen wird unterstützt, indem die Mobilen Jugendarbeiter*innen an deren Lebenswelt teilhaben und niederschwellige und bedarfsgerechte Angebote machen. So können profesionelle Beziehungen aufgebaut, präventive Entwicklungs- und Gruppenprozesse mitgestaltet und strukturelle Veränderungen im sozialen und politischen Umfeld erzielt werden.

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen sind weder ordnungspolitisch noch als „Sozialfeuerwehr“ tätig. Sie arbeiten nach den Handlungsmaximen Dezentralisierung und Regionalisierung (räumlich = Quartierarbeit) sowie Alltagsorientierung (zeitlich und methodisch). Eine Vertrauensbasis zu den Jugendlichen kann aufgebaut werden, wenn regelmässig an denselben Plätzen dieselben Jugendlichen aufgesucht werden. Beziehungsarbeit findet statt, wenn die Jugendlichen bereit dazu sind.

Die Mobile Jugendarbeit kann zur Evaluation von Sozialräumen beigezogen werden, diese arbeitet dann primär seismographisch.

  1. 1        Arbeitskodex der MJAB/R

Lebenswelt- und Alltagsorientierung


Das Angebot für die Jugendlichen ist auf ihre individuellen Lebenssituationen abgestimmt. Durch kontinuierliches Aufsuchen und die Anwesenheit an den Treffpunkten der Jugendlichen lernen die Jugendarbeiter*innen die Gewohnheiten, Lebensrhythmen und Ausdrucksformen der kulturellen und ethnischen Identität der Jugendlichen kennen und können die gewonnenen Erkenntnisse in der Folge berücksichtigen. Wichtig ist auch die personelle Kontinuität, die regelmässige „Szenenpräsenz“ sowie das Akzeptieren der Gastrolle für Mobile Jugendarbeiter*innen. Der öffentliche Raum ist eines der wichtigsten Lernfelder der Jugend und soll dies auch bleiben!

Niederschwelligkeit

Zugangsmöglichkeiten und Erreichbarkeit der Angebote müssen den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Jugendlichen entsprechen. So können diese ohne Vorbedingungen und Vorleistungen in Anspruch genommen werden.

Freiwilligkeit

Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist nur auf der Grundlage von Freiwilligkeit möglich. Dies bedingt, dass der Entscheid über den Kontakt und dessen Folgen den Jugendlichen überlassen wird. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter*innen nur über persönliche, keinesfalls über strukturelle Autorität akzeptiert werden.

Akzeptierende Haltung

Die individuellen Vorstellungen, Lebensentwürfe und Strategien der Jugendlichen werden als gegeben akzeptiert und angenommen. Dies ist die Voraussetzung für Beziehungs- und Zusammenarbeit mit der Zielgruppe. Die akzeptierende Haltung bezieht einen konfrontativen Ansatz mit ein, damit das eigenverantwortliche Handeln der Jugendlichen gestärkt wird.

Wertschätzung

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen begegnen den Jugendlichen mit einer wertschätzenden Grundhaltung: Jeder Mensch ist unabhängig von seiner Herkunft, seiner ethnischen Zughörigkeit und seiner Verhaltensweisen wertvoll für die Gesellschaft. Die Jugendlichen werden in ihrem Selbstwertgefühl bestärkt und ihre Ressourcen werden berücksichtigt.

Parteilichkeit

Die Arbeit erfolgt grundsätzlich im Interesse der Jugendlichen. Die Mobilen Jugendarbeiter*innen vertreten mit ihnen gemeinsam ihre legitimen Anliegen und begleiten sie bei Konflikten. Probleme, welche Jugendliche verursachen, werden gemeinsam angegangen und die Jugendarbeiter*innen vermitteln in der Lösungsfindung.

Verschwiegenheit und Anonymität

Im Umgang mit Informationen von Jugendlichen gilt das Prinzip der Verschwiegenheit. Persönliche Daten werden grundsätzlich nicht erhoben.

Transparenz

Offenheit und Ehrlichkeit sind im vertrauensvollen Umgang mit den Jugendlichen unverzichtbar. Die MJA zeigt ihre Kommunikation und Arbeitsweise gegenüber den Jugendlichen transparent auf.

Kontinuität und Verbindlichkeit

Kontinuität und Verbindlichkeit sind eine wichtige Basis für den Vertrauensaufbau zu den Jugendlichen. Die Mobilen Jugendarbeiter_innen erreichen dies durch das kontinuierliche Aufsuchen von Jugendlichen und die Anwesenheit an deren Treffpunkten.

Genderbewusste Arbeit

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen berücksichtigen die Vielaft der Geschlechter. Die Mobilen Jugendarbeiter*innen organisieren sowohl geschlechtsspezifische als auch koedukative Angebote und Projekte.

Fachlichkeit der Mitarbeiter*innen

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen sind fachlich gut ausgebildet, teamfähig, verfügen über ein hohes Mass an Sozialkompetenz und Reflexionsvermögen. Sie arbeiten gemäss dem Arbeitskodex, setzen sich jährlich fachliche und persönliche Ziele und besuchen Weiterbildungen.

Wirtschaftlichkeit

Die Ressourcen werden wirtschaftlich eingesetzt.

Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen bilden u.a. das Gesetz betreffend Förder- und Hilfeleistungen für Kinder und Jugendliche (Kinder- und Jugendgesetz, KJG) des Kantons Basel-Stadt, die Grundrechte in der kantonalen und eidgenössischen Verfassung sowie die UN-Konvention über die Rechte des Kindes.

3    Ziele

Mobile Jugendarbeit befähigt und motiviert Einzelne und Gruppen, selbstbewusst und selbstverantwortlich an für sie relevanten Veränderungsprozessen in ihrem Umfeld teilzunehmen. Besonderen Wert wird auf soziale und kulturelle Vernetzung sowie gemeinschaftliches Erarbeiten von Lösungen bei Nutzung- oder Zielkonflikten gelegt.

Die Jugendlichen werden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert und begleitet sowie bei Anliegen unterstützt. Die Mobilen Jugendarbeiter*innen stärken die Kompetenzen und fördern die Ressourcen der Jugendlichen.

Die Mobile Jugendarbeit soll die soziale Integration und das demokratische Verständnis der Jugendlichen fördern und Ausgrenzung und Stigmatisierung verringern.

Die Mobile Jugendarbeit nimmt im Rahmen der seismographischen Arbeit Entwicklungen und Trends im öffentlichen Raum wahr, reagiert darauf und gibt diese bei Bedarf an Vernetzungspartner*innen weiter.

4    Zielgruppe

Die Mobile Jugendarbeit wendet sich an Jugendliche und junge Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die sich im öffentlichen Raum aufhalten. Insbesondere geht es um diejenigen, für die der öffentliche Raum selbstgewählt oder strukturell bedingt ein massgeblicher Sozialraum ist. Je nach Standort und Bedürfnissen werden Priorisierungen der Altersgruppen und «Aufsuchrouten» gemacht.

5    Methoden

  1. 1        Aufsuchen

  2. 2        Gruppen- und Projektarbeit

  3. 3        Gemeinwesen- und Vernetzungsarbeit

  4. 4        Öffentlichkeitsarbeit

Aufsuchende Jugendarbeit ist der zentrale Arbeitsansatz der MJAB/R. Jugendliche werden regelmässig an ihren Treffpunkten und in ihren sozialen Räumen aufgesucht. Das Aufsuchen baut Schwellenängste ab und stellt ein dauerhaftes und niederschwelliges Kontaktangebot dar. Beziehungen zu Jugendlichen werden aufgebaut, bestehende und sich neu formierende Gruppen können wahrgenommen werden und die mobilen Jugendarbeiter*nnen lernen die Lebenswelt der Jugendlichen kennen.

Von entscheidender Bedeutung für die Zusammenarbeit mit den Jugendcliquen sind eine akzeptierende und parteiliche Grundhaltung, sowie die Freiwilligkeit des Angebotes. Die Mobilen Jugendarbeiter*innen setzen sich mit den Jugendlichen konfrontativ auseinander und zeigen ihnen Konsequenzen von Risikoverhalten auf. Aus den Kontakten beim Aufsuchen ergeben sich verschiedene Anknüpfungspunkte für Cliquen- und Projektarbeit, Präventionsarbeit, sowie für Einzelfallhilfen.

Die Gruppen- und Projektarbeit zielt darauf hin, die Ressourcen und das (Selbsthilfe-) Potential der Jugendlichen zu fördern und Erwachsene für die Lebenswelt der Jugendlichen zu sensibilisieren. Die partizipative Einbindung der Jugendlichen steht im Vordergrund.

Arbeit mit Cliquen an ihren Treffpunkten

Die Mobilen Jugendarbeiter*nnen unterstützen Cliquen und Gruppen bei ihren Anliegen und Problemen. Diese Arbeit findet an den Treffpunkten der Cliquen statt und berücksichtigt gruppendynamische Prozesse bzw. regt diese an. Gruppierungen mit geringerem Organisationsgrad, grösseren Defiziten und höherer Gefährdung werden intensiver betreut. Diese Jugendlichen sollen mit anderen als den ihnen vertrauten Verhaltensweisen konfrontiert werden. Es gilt, gemeinsam ein neues Freizeitverhalten zu entwickeln, das durch vielseitige Tätigkeiten und durch das Übertragen von Verantwortung zu Vertrauen und Selbstbewusstsein führt. Animatorische und erlebnispädagogische Angebote und Projekte sind ein Mittel, um Gruppenprozesse voranzutreiben.

Unterstützung bei der Nutzung und Aneignung sozialer Räume

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen vermitteln den Cliquen und Szenen Zugang zu den Leistungen des Gemeinwesens. Falls möglich, werden die Jugendlichen in bestehende Vernetzungen integriert. Ebenfalls werden Jugendliche bei der Suche nach Räumlichkeiten zur autonomen und teilautonomen Nutzung oder für eigene Veranstaltungen unterstützt. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Partizipation von Jugendlichen bei der Um- und Neugestaltung öffentlicher Plätze und Anlagen, sowie die Betreuung der Gruppen bei der Nutzung dieser Plätze. Dazu gehört neben der Interessenvertretung durch die MJAB/R eine vermittelnde und pädagogische Arbeit mit Jugendlichen und ihrem sozialem Umfeld.

Gruppenarbeit

Eigene und externe Räumlichkeiten werden als Treffpunkte angeboten, an denen sich einzelne Gruppen zu sogenannten „Teams“ oder „Clubs“ formieren, die von Mitarbeiter*innen der MJAB/R betreut werden. Im Vordergrund steht die gemeinsame Freizeitgestaltung. Die Gruppe wird prozessorientiert begleitet, Eigen- und Sozialkompetenzen werden gefördert. Das Ziel ist, die bereits vorhandene Infrastruktur mit den Jugendlichen zu nutzen oder sie bei der Umsetzung eigener Ideen zu unterstützen.

Projektarbeit

Die Mobilen Jugendarbeiter*innen organisieren mit den Jugendlichen Animations- und Bildungsprojekte sowie soziokulturelle Veranstaltungen und Aktivitäten im Gemeinwesen. Den Jugendlichen wird eine Plattform geboten, in die sie sich aktiv einbringen können. Ziel ist es, sie ins Gemeinwesen zu integrieren und ihnen Raum für ihre Ressourcen und Bedürfnisse zu schaffen.

Einzelfallarbeit

Die Dienstleistung der Mobilen Jugendarbeiter*innen ist niederschwellig angelegt und für alle Fragen und Probleme offen, die Jugendliche mitbringen. Informationsvermittlung und Orientierungshilfen, sprich Empowerment sind die ersten Schritte in der Einzelfallarbeit. Wenn immer möglich wird eine Brückenfunktion zwischen den Jugendlichen und bestehenden Institutionen und Beratungsstellen wahrgenommen (Triage).

Um effizient zu sein und Synergieeffekte zu erzielen, sind die Mobilen Jugendarbeiter*innen mit Kooperationspartner*innen im Sozial- und Gemeinwesen vernetzt. Sie kooperieren sowohl mit professionellen Stellen (z.B. sozialen Einrichtungen, Behörden, Betrieben) als auch mit Bürger*innen, sozialen Gruppen und Vereinen im Umfeld der Jugendlichen.

Die Mobile Jugendarbeit betreibt regelmässige und gezielte Öffentlichkeitsarbeit, um Medien, Fachleute und die breite Öffentlichkeit für die Anliegen, Bedürfnisse und Lebenssituationen der Jugendlichen zu sensibilisieren. Der Mobilen Jugendarbeit ist es wichtig, eine positive Berichterstattung in Bezug auf das Thema Jugend zu fördern.

6    Schlusswort

Dieses Konzept basiert auf den praktischen professionellen Erfahrungen der MJAB/R und theoretisch fundiertem Fachwissen Sozialer Arbeit, angelehnt an die Standards der Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork / Mobile Jugendarbeit Deutschland, ergänzt durch externe Evaluationen.

Die letzte Evaluation der MJAB/R wurde 2012 von der FHNW durchgeführt.

Zum Downloaden

Konzept MJAB/R.pdf


Das Konzept wurde 2015 überarbeitet und im Vorstand der MJAB/R am 11.05.2015 verabschiedet.